Rede zum Haushalt 2024

Thorsten Schmolke für die
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Rat der Stadt Werther

 

14.12.2023

 

Sehr geehrter Herr Bürgermeister, sehr geehrte Ratskolleginnen und -kollegen, sehr geehrte Damen und Herren.

Der erste Satz gebührt, wie immer, dem Dank an Herrn Demoliner und seinem Team. Nach den Krisenjahren und Corona setzt nun ein Gerichtsurteil zum Bundeshaushalt noch eins drauf. Sicher geglaubte Gelder für notwendige Investitionen geraten ins Wanken. Ich beneide Sie nicht.

Immerhin, um die sehr niedrige Pro-Kopf-Verschuldung werden uns viele andere Kommunen beneiden, doch für einige wichtige Investitionen wird das Geld nicht reichen.

Den Letzten beißen die Hunde, heißt es. In diesem Punkt stimme ich mit dem Bürgermeister überein. Die Kommunen bekommen immer mehr Aufgaben, ohne dass diese auskömmlich von Land und Bund finanziert werden. Und auch Aufgaben, für die wir in den kleinen Gemeinden nicht direkt zuständig sind, finanzieren wir ja mit, nämlich über die Kreis- bzw. die Landschaftsumlage. Aber Forderungen, auf allen Ebenen zu sparen, greifen entschieden zu kurz. Sparen, im Sinne von Rücklagen bilden, muss man in den guten Jahren. Denn auch in schwierigen Zeiten dürfen wir die Instandhaltung unserer Infrastruktur nicht schleifen lassen. Selbst ein Ökonom wie Marcel Fratscher sagt, dass Kredite für Investitionen anders zu behandeln sind als solche für konsumptive Zwecke. Genauso wichtig wie bei der Infrastruktur sind Investitionen in unsere Schulen und die Digitalisierung der Verwaltungsabläufe. Während wir bei den Schulen im Vergleich ganz gut dastehen, sollten wir beim Thema Digitalisierung und vor allem bei der IT-Sicherheit noch eine ordentliche Schippe drauflegen. Viele Kommunen in NRW wurden Opfer einer Cyberattacke auf den kommunalen Dienstleister Südwestfalen IT. Teils ging eine Woche lang nichts mehr, nicht einmal das Telefon. Das muss uns eine Warnung sein, diesen Bereich mehr in den Blick zu nehmen und ja, auch das wird Geld kosten. Wirkliche Entscheidungsfreiheit haben wir sowieso nur bei den freiwilligen Leistungen, und die zu streichen würde einen Haushalt nicht retten, aber sehr viel Schaden anrichten.

Die Verwaltung schlägt uns vor, die vom Land vorgegebenen fiktiven Hebesätze für Grund- und Gewerbesteuer zu übernehmen. Das halten auch wir für richtig. Noch! Denn vor uns liegen sehr viele, geradezu existentielle Aufgaben.

Durch die Einigung der Ampelkoalition in Berlin gestern zum Haushalt 2024 besteht nun doch für einige Klimaprojekte Hoffnung, auch wenn noch viele Fragen offen sind. Sie werden es ahnen, dies wird der Schwerpunkt meiner Rede.

Kürzlich standen Menschen vor dem Parlament in Berlin und hielten ein Transparent hoch mit den Worten: „Wohlstand statt Klimaschutz“. Da hat jemand etwas ganz grundlegend nicht verstanden.

Prof. Dr. Ottmar Edenhofer vom Potsdam Institut für Klimafolgenforschung hat es gestern in einem Interview auf Tagesschau 24 auf den Punkt gebracht: „Klimaschutz ist Wohlstandssicherung“. So herum wird ein Schuh draus. Prävention ist immer günstiger als Nachsorge und Schadensbeseitigung, die im schlimmsten Fall unbezahlbar wird.

Wenn ein Tornado in Lippstadt das Dach von einer LWL-Klinik reißt, wie im Mai 2022 geschehen, was glauben Sie, wer das bezahlt? Richtig, wir alle, entweder über Versicherungsbeiträge oder über die Landschaftsumlage. Vom Ahrtal ganz zu schweigen. Wie oft können Versicherer und Rückversicherer solche Summen aufbringen?

Seit gestern ist auch ziemlich klar, der CO2-Preis wird weiter steigen. Alle Maßnahmen, den Verbrauch vor allem im Gebäude- und im Verkehrssektor zu senken oder zumindest klimaneutral zu gestalten, lohnen sich nicht nur, sie sind zwingend notwendig.

Eine gute Überleitung zu einem anderen, gestrigen Ereignis. Es gab doch noch eine Einigung bei der Abschlusserklärung zur COP 28. Wer mehr erwartet hatte, ist naiv. Wenn ein Ölmanager die Sitzungsleitung hat, kommt eben nicht mal ein laues Lüftchen dabei heraus, sondern eine Rußwolke.

Gebraucht hätte es allerdings eine steife Brise, die uns ordentlich voranbringt. Schön dargestellt in der Karikatur im gestrigen Westfalen-Blatt. Ein Bus rutscht auf einer Ölspur und hängt schon mit zwei Rädern über der Klippe. Das Navi kommentiert: „Sie haben das Ziel verfehlt!“

Manch eine(r) mag jetzt sagen: „Ich kann’s nicht mehr hören,“ aber wer nicht hören will, muss fühlen. Ganz verhindern können wir das nicht mehr, aber ob es ein kleines Aua gibt, für das ein Pflaster mit Smiley reicht, oder ob es richtig weh tut, das haben wir noch in der Hand.

Konservieren, was wir erreicht haben, wie es Veith Lemmen bei der Einbringung des Haushaltes sagte, reicht schon lange nicht mehr. Was also tun? Wir können natürlich den Kopf in den Sand stecken und weiter machen wie bisher, doch da wird es bald zu heiß. Aber Spaß beiseite, das tun wir natürlich nicht! Ein „Weiter so Deutschland“ war schon zu Zeiten von Frau Merkel falsch, vielleicht versteht das irgendwann auch ein Sauerländer. Der würde die Zeit am liebsten zurückdrehen.

Auf drei Punkte wird es ankommen: Effizienz, Resilienz und – sehr viel seltener verwendet, weil’s keiner gerne hört – die Suffizienz. Ganz ohne Verzicht auf das Eine oder Andere wird es aber nicht gehen.

Hier in Werther sind wir da in Teilen gar nicht so schlecht unterwegs, in anderen schon.

Halbwegs gut unterwegs sind wir beispielsweise bei der Energieerzeugung. Biomasse, zwei Windräder und viele kleine bis mittlere PV-Anlagen. Und die großen PV-Anlagen? Die sind meist auf landwirtschaftlichen Gebäuden und ich freue mich, dass wir jüngst, mit großer Mehrheit, den Weg für die erste Agri-PV-Anlage freigemacht haben. Strom- und Nahrungsmittelproduktion, dieses Beispiel darf gerne Schule machen. Meines Wissens wird dies die erste Anlage ihrer Art im Kreis. Und der Beitrag der Gewerbebetriebe? Es gibt gute Beispiele, leider aber viel zu wenige. Also sehr geehrte Unternehmerinnen und Unternehmer, wo ist Ihr Beitrag zur Energiewende? Worauf warten Sie? Um den zu erwartenden Energiebedarf zu decken, müssen die erneuerbaren Energien in den nächsten sechs Jahren verdreifacht werden. Wir müssen also nicht nur eine Schippe drauflegen, sondern eher den Radlader aus dem Bauhof bemühen. PV-Module sind inzwischen so günstig, dass es kaum noch Ausreden gibt. Wo ein Wille ist, ist auch ein Geländer für die Halterung eines Balkonkraftwerks.

Anders als bei der Energieerzeugung sieht es im Gebäudebereich aus. Die Zahlen der Gebäudesanierungen sind viel zu niedrig. Hier reißen wir die Ziele deutlich. Bis 2028 müssen alle Kommunen eine kommunale Wärmeplanung vorlegen. Mit der Beauftragung eines entsprechenden Planungsbüros haben wir uns auf Weg gemacht. Dabei muss allerdings sehr viel mehr herauskommen als: „Wenn jeder an sich selbst denkt, ist an alle gedacht.“ Auch hier hat der Bund wieder eine große Aufgabe in die Hände der Kommunen gelegt, ohne ausreichend Mittel zur Verfügung zu stellen. Immerhin wird die Planung gefördert. Wir werden das konstruktiv kritisch begleiten.

Noch schlimmer sieht es im Verkehrssektor aus. Die Streichung der Subventionen für Elektrofahrzeuge wird das Problem auch nicht gerade verbessern. Also werden wir, und damit meine ich die Politik auf allen Ebenen, mehr über ÖPNV und Radverkehr zu reden haben. Da wir bei diesen Themen nicht alleiniger Herr des Verfahrens sind, wird es nicht einfach. Immerhin sind wir bei der Modernisierung der Bushaltestellen einen Schritt weiter. Beim Ausbau des Radwegenetzes sieht es aber noch düster aus. Die Probleme sind hier schon oft besprochen worden und hinlänglich bekannt.

Kommen wir noch eben zur Resilienz, also der Widerstandsfähigkeit von Systemen, hier in Bezug auf Extremwetterereignisse. Geht es um Hochwasserschutz, haben wir schon einiges getan und schlagen mit den geplanten Maßnahmen am Schwarzbach gleich mehrere Fliegen mit einer Klappe. Auch hier müssen wir noch einen Zahn zulegen. Die EU-Wasserrahmenrichtlinie verpflichtet uns hier sowieso zum Handeln. Alle Maßnahmen an Gewässern zählen meist gleich mehrfach: In der Wasserregulierung, der Biodiversität, der CO2-Minderung und nicht zuletzt beim Hochwasserschutz.

Gleichzeitig, der Bürgermeister hat in seiner Rede darauf hingewiesen, stärken wir den Katastrophenschutz. Der besondere Dank geht hier an alle Ehrenamtlichen, die bei der „Blaulichtfamilie“ engagiert sind, insbesondere aber an die Feuerwehr, die sozusagen den Hauptpfeiler bildet. Wenn im nächsten Jahr die Arbeiten am neuen Gerätehaus abgeschlossen sein werden, sind wir auch hier einen großen Schritt weiter und haben ein Gebäude, das sich mit Blick auf Funktionalität, Ausstattung und Nachhaltigkeit sehen lassen kann.

Sehr geehrter Herr Bürgermeister, es ist sicher gut, einen Plan zu haben, aber wir müssen schneller, ökologischer und nachhaltiger werden.

Am Ende noch eine Bemerkung zur Ratsarbeit. In den letzten Jahren haben wir gemeinsam eine gute Arbeitsatmosphäre geschaffen, und zumindest die großen Fraktionen haben bei wichtigen Punkten und einzelnen Themen zusammengearbeitet, um ein gutes und mehrheitlich tragfähiges Ergebnis zu erzielen. In der Sache sicher nicht immer einer Meinung – wie sollte das auch sein? – aber sehr ergebnisorientiert. Das sollten wir unbedingt weiterhin pflegen.

Mein Dank geht aber auch an die Verwaltung, hier insbesondere an den Baubereich mit Herrn Kreiensiek und Frau Huxohl, die uns bei Workshops sehr geholfen haben, gute Entscheidungen zu treffen. Herzlichen Dank dafür.

Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

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