Zum Stopp der KfW-Förderung für Bauvorhaben

Eine aktuelle Einordung durch Britta Haßelmann, Fraktionsvorsitzende der grünen Bundestagsfraktion

In großen Teilen der Presse und der AV-Medien wurde der Stopp der KfW-Förderung sehr negativ berichtet und kommentiert – bis hin zu dem Vorwurf, Robert Habeck würde auf diese Weise dem Kampf gegen den Klimawandel schaden und somit das Gegenteil von dem tun, was man von ihm als grünem Wirtschafts- und Klimaminister erwartet habe.

Die folgende aktuelle Stellungnahme von Britta Haßelmann, in der sie berichtet,  worum es bei den aktuell diskutierten Änderungen der Gebäudeförderung der KfW-Bank geht, rückt einiges zurecht.

[Ab hier jetzt Zitat aus der E-Mail von Britta Haßelmann, die uns heute erreichte …]

Zur Ausgangslage:

Vorgestern hat die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) bekanntgegeben, dass die Neubauförderung Effizienzhaus 55 (EH55) beendet sowie die Förderung für die Neubauförderung Effizienzhaus 40 (EH40) und der Sanierungsprogramme ausgesetzt werden. Alle drei Programme werden aus den Mitteln des Bundeshaushalts für die Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) gespeist.

Das Wirtschaftsministerium unter Peter Altmaier hatte im November 2021 ein Ende der EH55-Neubauförderung beschlossen. Das Programm solle bis Ende Januar 2022 auslaufen. Nachdem die Vorgängerregierung dies angekündigt hatte, kam es zu einer beispiellosen Flut an Anträgen. Alleine in diesem Monat stieg die Anzahl der Förderanträge für den Bau von Häusern nach dem Standard 55 so stark an, dass bereits jetzt die gesamten Jahresmittel (5 Mrd. Euro) des BEG-Fördertopfes voll ausgeschöpft bzw. dieser Topf um das Dreifache überzeichnet ist. Bei Förderstopp lagen Anträge vor, die Haushaltsmittel in Höhe von 15 Mrd. Euro gebunden hätten (für EH55 allein). Dieser Umstand bedeutet, dass auch für die beiden Programmlinien EH40 und die Gebäudesanierung kurzzeitig keine Bundesmittel übrig sind.

So kam es zur Entscheidung der zuständigen Ministerien für Wirtschaft und Klimaschutz, für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen sowie das Finanzministerium für einen vorzeitigen Förderstopp. Nur so konnte eine weitere Überzeichnung der Programme verhindert werden.

Wie geht es weiter?

Von dem Förderstopp sind bedauerlicherweise rund 20.000 Anträge betroffen. Die Bundesregierung erarbeitet gemeinsam mit der KfW-Bank einfache und rasche Lösungen, um Antragsteller:innen nicht in finanzielle Engpässe zu bringen. Für Härtefälle bei privaten Antragssteller:innen und nicht bewilligte baureife Projekte werden Darlehensprogramme geprüft.

Die Förderung für Sanierungen wird wieder aufgenommen, sobald entsprechende Haushaltsmittel bereitgestellt sind. Bereits gestellte Anträge zur Förderung von Sanierungen werden nach Wiederaufnahme dieser Programme dann ggf. sukzessive bewilligt. Über die weitere Förderung von EH40 Neubauten wird mit Blick auf die Kassenlage im Energie- und Klimafonds sowie dem Finanzbedarf anderer Programme entschieden.

Weiter gefördert werden Einzelmaßnahmen in der Sanierung (Austausch von Ölheizungen usw.) durch die Förderprogramme des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA).

Die zuständigen Bundesministerien nehmen die aktuelle Lage zum Anlass, die Förderung und die gesetzlichen Standards für Neubauten zügig neu zu ordnen. Wie mit den Ampelfraktionen im Koalitionsvertrag vereinbart soll es künftig wirksame Anreize für eine deutlich höhere CO2 Einsparung geben, anders als dies bei den Vorgängerprogrammen der Fall war.

Unsere Grünen Standpunkte:

Für alle betroffenen Antragsteller:innen, die jetzt einen Neubau oder eine Sanierung geplant hatten, ist der Antragsstopp eine enttäuschende Nachricht. Der Stopp hätte vermieden werden können, wenn der zuständige Bundesminister der Vorgängerregierung, Peter Altmaier, die Förderkulisse und die gesetzlichen Neubaustandards modernisiert und die Förderung des Standards 55 degressiv ausgestaltet hätte. Die Vorgängerregierung hat das versäumt.

Stattdessen wurde eine veraltete Förderung fortgeschrieben, die falsche Anreize setzt. Der Standard 55 für Neubauten hat sich bereits am Markt durchgesetzt, weshalb eine weitere Förderung dieser Standards sowohl aus ökonomischen, als auch aus klimapolitischen Gesichtspunkten nicht mehr angebracht ist. Dennoch wurden 2021 hierfür noch sechs Milliarden Euro für Förderungen ausgegeben. So wurden viele Milliarden Euro an der falschen Stelle eingesetzt, die jetzt für klimapolitisch sinnvolle Maßnahmen fehlen.

Für uns ist klar, dass sich hohe CO2-Einsparungen im Gebäudesektor für die Bauherr:innen lohnen sollen. Wir wollen gezielt hohe, zukunftsfähige Standards fördern. Das größte CO2-Einsparpotential liegt bei der Sanierung der bestehenden Gebäude. Daher wollen wir schnell die Förderung für die energetische Gebäudesanierung wieder aufnehmen und vor allem Maßnahmen mit den höchsten CO2-Einsparpotentialen in den Mittelpunkt stellen. 

Auch im Neubau wollen wir das Bauen mit nachhaltigen Baustoffen und die Treibhausgas-Emissionen pro m2 Wohnfläche ins Zentrum stellen. Hierfür passen wir die Neubauförderung im Rahmen der Bundesförderung für effiziente Gebäude an und ordnen die gesetzlichen Standards für Neubauten neu.

Darüber hinaus erhöhen wir die steuerliche Möglichkeit der Abschreibung für Abnutzung für Neubauten auf drei Prozent und statten die Bundesmittel für den sozialen Wohnungsbau so aus, dass das beschlossene Ziel von 100.000 Sozialwohnungen klimagerecht erreicht wird.

Abschließend … noch als Hintergrund:

Immobilien sind einer der wichtigsten Bereiche für die Erreichung der Klimaschutzziele. Etwa 120 Millionen Tonnen an Treibhausgasen stieß der Gebäudesektor im Jahr 2018 aus, bis 2030 müssen wir diesen Wert mit 67 Millionen Tonnen auf gut die Hälfte senken. Etwa zwei Drittel der Wohngebäude in Deutschland wurden vor dem Inkrafttreten der ersten Wärmeschutzverordnung im Jahr 1979 errichtet. Folglich sind die Effizienzpotenziale bei älteren Häusern besonders hoch: Sie verbrauchen bis zu fünf Mal mehr Energie als nach 2001 errichtete Neubauten, die einen Energieverbrauch von durchschnittlich ca. 85 Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr (kWh/m²a) aufweisen. Ein Fokus auf die Sanierung des Bestands ist daher mehr als angemessen.

 

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