Ideen und Praxisbeispiele zur Stadtentwicklung

Neun Rats- und Ausschussmitglieder aus Werther unternehmen auf Anregung der GRÜNEN eine Exkursion nach Neuenrade

Das hat es lange nicht mehr gegeben: Mitglieder der vier „großen“ Ratsfraktionen SPD, CDU, UWG und GRÜNE machen sich am 14. August gemeinsam auf den Weg und opfern ihren freien Samstag, um sich aus erster Hand über ein Stadtentwicklungsprojekt im sauerländischen Neuenrade informieren zu lassen.

Die Kleinstädte Werther und Neuenrade (im Märkischen Kreis) haben eine Reihe von Gemeinsamkeiten: geschichtsträchtige Vergangenheit, Einwohnerzahl zwischen 11000 und 12000, wachsender Anteil der Alten in der Bevölkerung, schließende Läden im Innenstadtbereich, aufgegebene und brachliegende Industriestandorte in der Innenstadt (Neuansiedlungen nur in der Peripherie), fehlender Wohnraum für junge Familien – um nur ein paar Beispiele zu nennen.

Seit knapp 20 Jahren ist in Neuenrade ein bemerkenswerter Prozess der Stadtentwicklung in Gang gekommen. Ein großes Areal im Zentrum der Stadt, das lange von einer insolventen Fahrradfabrik und einigen anliegenden ehemaligen Gewerbeflächen blockiert war, wurde seitdem und (wird noch immer weiter) attraktiv umgestaltet. Ein führendes Unternehmerehepaar aus Neuenrade, Jürgen und Ruth Echterhage, entwickelte die entscheidenden Ideen, konnte durch beharrliches Nachhaken einflussreiche Personen in Politik und Verwaltung mit seinen Plänen überzeigen und fungierte als Hauptinvestor für alle Baumaßnahmen.

Angeregt und organisiert wurde die Exkursion von der Schwester des Unternehmers, Karin Heymann, die vor neun Jahren mit ihrem Mann in Werther zugezogen ist. Sie und ihr Mann sind Mitglieder der hiesigen GRÜNEN. Leider konnte sie selbst an der Unternehmung nicht teilnehmen.

Vor neu entstehenden Bauten in Neuenrade (von links nach rechts):  Thorsten Schmolke (GRÜNE), Uwe Gehring (UWG), Reinhard Kreft (UWG), Thomas Heidemann (GRÜNE), Birgit Ernst (CDU), Detlef Wind (SPD), Erika Sahrhage (SPD), Marlene Kuhlmann (GRÜNE), Hans Werner Heymann (GRÜNE), Olaf Wöhrmann (UWG), Jürgen Echterhage (Neuenrader Unternehmer) – Foto: Carolin Echterhage

Jürgen Echterhage und seine Tochter Carolin führten die Gäste aus Werther zweieinhalb Stunden durch das neugestaltete Areal und beantworteten bereitwillig alle ihre Fragen. Der Unternehmer erläuterte, wie er und seine Frau im Einzelnen vorgegangen waren, weshalb sie welche Entscheidungen getroffen haben und, nicht zuletzt, welche zum Teil erheblichen Widerstände und Bedenken zu überwinden waren – von Seiten verkaufsunwilliger Altbesitzer, von Landesbehörden und nicht zuletzt von der örtlichen Politik. Der Schwerpunkt der Investitionen lag auf der Schaffung adäquaten Wohn- und Lebensraums für die ältere Bevölkerung, woran in Neuenrade in der Vergangenheit großer Mangel herrschte. Leitende Idee war, den Bewohnern der neu zu errichtenden Immobilien möglichst viel Selbstständigkeit zu ermöglichen, konkret: Angebote von ambulanter und stationärer Pflege (in Zusammenarbeit mit der Perthes-Stiftung), servicebetreutes Wohnen in bedarfsgerechten Mietwohnungen unterschiedlicher Größe und Kosten, maximale Barrierefreiheit, alle für die Bewohner notwendige Infrastruktur im Umkreis von ca. 200 m (Lebensmittelmarkt, Apotheke, Drogeriemarkt, Arztpraxen (Allgemein- und Fachärzte), Optiker, therapeutische Einrichtungen (Physiotherapie etc.), zudem auch Stadtpark und Kirche fußläufig erreichbar). Als Maßstab für die unternehmerischen Entscheidungen nannte Jürgen Echterhage: keine Priorität auf kurzfristige ökonomische Rendite, sondern nachhaltiges und wertbeständiges Bauen, Beachtung ökologischer Kriterien für die verwendeten Materialien und zukunftsträchtige energetische Versorgung. Auch die Beachtung sozialer Bedürfnisse (Gemeinschafts- und Begegnungsräume) spielte für die Planung eine wichtige Rolle. Insgesamt, so der Unternehmer und seine Tochter, seien die neuen Angebote so gut angenommen worden, dass lange Wartelisten existierten. Und ein erfreulicher Nebeneffekt: So manche Besitzerinnen und Besitzer von Einfamilienhäusern hätten sich aufgrund der Qualität der neuen Wohnangebote dazu durchringen können, umzuziehen und ihre Häuser zu verkaufen – nach entsprechender Sanierung verlockend für junge Familien, für die es auch in Neuenrade schwierig sei, attraktiven Wohnraum zu finden.

Manches dürfte nicht ohne Weiteres von Neuenrade auf Werther übertragbar sein. Doch die Wertheraner Gäste konnten nach dem gemeinsamen Mittagessen mit einer Fülle von Anregungen für die heimische politische Arbeit den Rückweg antreten.

Hans Werner Heymann

 

Kommentar verfassen

Artikel kommentieren


* Pflichtfeld

Mit der Nutzung dieses Formulars erklären Sie sich mit der Speicherung und Verarbeitung Ihrer Daten durch diese Website einverstanden. Weiteres entnehmen Sie bitte der Datenschutzerklärung.

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.

Verwandte Artikel