… und wieder ein neues Baugebiet?

 

Zu den Gedankenspielen um das „Süthfeld II“ in Werther

Noch ist der erste Spatenstich am Blotenberg nicht erfolgt, da melden sich Wertheraner Lokalpolitiker bereits mit neuen Bebauungsplänen in der Öffentlichkeit zu Wort. Gegenüber dem „Haller Kreisblatt“ hat ein UWG-Ratsmitglied jetzt Einblick in seine Gedankenspiele gegeben: Auch das „Süthfeld II“, eine jetzt landwirtschaftlich genutzte, ca. 10  Hektar große Fläche, solle so schnell wie möglich bebaut werden – vorrangig ist dabei wohl an Eigenheime gedacht. Als Begründung werden genannt: mehr Einwohner für Werther, damit u. a. mehr Steuereinnahmen und mehr Kaufkraft.

Die Wertheraner Grünen vertreten seit Jahren ein anderes Konzept der Stadtentwicklung.   Neuer Wohnraum (und auch neue Gewerbegebiete) sollten nach unseren Vorstellungen geschaffen werden, ohne der Natur  und der Landwirtschaft stets weitere Flächen zu entreißen, diese zu versiegeln und die Landschaft dadurch immer stärker zu zersiedeln. Wir berücksichtigen mit dieser Forderung sowohl lokale Besonderheiten als auch prinzipielle Erwägungen.

  • Bei der Fläche „Süthfeld II“ handelt es sich um Ackerboden, auf dem seit vielen Jahren biologischer Anbau erfolgt. Hierfür einen gleichwertigen Austausch in Werther zu finden, dürfte kaum möglich sein.
  • Die Fläche ragt keilförmig in das bebaute Stadtgebiet hinein – eine ideale Natur- und Frischluftschneise für Werther würde zerstört!
  • Die Verkehrsprobleme, die an den neuralgischen Punkten Schwarzer Weg und Schloßstraße entstehen würden, wenn morgens und abends zahlreiche weitere PKW zu den Arbeitsplätzen streben, sind auch durch das neue Verkehrsgutachten nicht ausgeräumt.
  • Werther ist bereits in den letzten Jahren stark in die Breite gewachsen, und das trotz nahezu gleichbleibender Bevölkerungszahl. Waren im Jahr 1974 bei 10.200 Einwohnern 157 ha Fläche bebaut, so waren es 2014 bei 11.600 Einwohnern 260 ha – also fast doppelt so viel! Und für Werther werden (wie für fast ganz OWL) weiter sinkende Einwohnerzahlen vorausgesehen.

Mindestens ebenso wichtig wie die lokalen Gesichtspunkte sind für uns die grundsätzlichen Erwägungen:

  • Die Zusammenhänge zwischen Naturflächenverbrauch und Klimawandel sind vielfach belegt. Naturflächen sind Bodenkühler, Wasserspeicher und dringend notwendig für den Artenschutz.
  • In Deutschland gehen derzeit jeden Tag etwa 60 Hektar Naturfläche durch Siedlungs-, Industrie- und Verkehrswege-Neubau verloren. Von unserem bundes- wie landesweit beschlossenen Ziel, den Flächenverbrauch auf 30 ha/Tag zu begrenzen, sind wir also noch weit entfernt!

Auch wir Grünen möchten – da sind wir uns mit den anderen Stadtrats-Fraktionen einig – mehr und vor allem bezahlbaren Wohnraum in Werther schaffen. Aber das muss flächenschonend geschehen. Hierzu gibt es viele Möglichkeiten, die sich allerdings nicht von selbst erschließen, sondern aktives politisches Handeln voraussetzen. Das bedeutet, es reicht nicht, Grundstücke anzukaufen und neue bislang unbebaute Flächen bereitzustellen. Was hinzukommen muss, ist eine Registrierung, Bewertung und Neubeplanung und Umnutzung geeigneter schon bebauter städtischer Bereiche, die es in Werther in nennenswertem Umfang gibt. Die hierzu notwendigen Instrumente haben andere Kommunen längst entwickelt, zum Beispiel:

  • Das Baulückenkataster aktualisieren und aktuell halten; Überprüfung, wo im Wege der Innenstadtverdichtung in zweiter Reihe gebaut werden kann.
  • Informationsveranstaltungen für die Wertheraner Bevölkerung, um die Ziele der Stadtentwicklung verständlich zu machen und private Initiativen zur besseren Flächennutzung im Innenstadtbereich zu fördern; in regelmäßigen Abständen gezieltes Ansprechen von Haus- und Grundstücksbesitzern, um entsprechende private Aktivitäten anzuregen.
  • Intensivere Beratung von Altbau-Besitzer*innen im Blick auf energetischen Renovierungsbedarf.
  • Nicht zuletzt: ein aktives Herangehen an die Umnutzung der in Werther bestehenden Industriebrachen (z. B. WeCo-Gelände). Hier wäre eine Wohnbebauung (nach Altlastensanierung!) weitaus sinnvoller als eine Ansiedlung weiterer Verbrauchermärkte, die den Ladengeschäften der Innenstadt nur Billig-Konkurrenz aufbürden.
  • Wenn überhaupt, dann sollte man auf Flächen bauen, die durch Straßen bereits erschlossen sind. – die gibt es auch in Werther noch vielerorts.

Die hier aufgeführten Ziele und Wege dahin sind keineswegs utopisch, sondern haben sich in vielen anderen Kommunen bewährt. Dass manche Gemeinden in unserer Region leider einen solchen Weg nicht gegangen sind, sollte kein Argument sein: Werther ist flächenmäßig die kleinste Gemeinde im Kreis Gütersloh und hat keine Naturflächen zu verschenken. Warum sollten wir nicht Vorreiter sein für eine zukunftsorientierte Planungspolitik? Ein Wettlauf, wer am schnellsten die größten Baugebiete ausweist, wäre schlimm. Die alte Gleichung (mehr Bauen = mehr Einwohner = mehr Steuern = mehr kommunale Bedeutung) gilt nicht mehr im Zeitalter von Klimawandel und exzessivem Ressourcenverbrauch. Auch andere Parteien in Werther haben sich im Wahlkampf prinzipiell in diese Richtung geäußert. Ernsthafte Gespräche, um einen Konsens zu finden darüber, wohin und wie Werther sich entwickeln soll, sind anberaumt. Das ist sehr gut so. Es wäre ein fataler Schritt zurück, wenn jetzt versucht würde, lediglich zu diskutieren, welches Gebiet als nächstes zur Bebauung freigegeben werden sollte!

Im Namen des Ortsverbands BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Heinz-Peter Kuhlmann

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