Rückenwind aus Berlin für grünen Bürgermeisterkandidaten

Britta Hasselmann und Thorsten Schmolke erläuterten am 23.8.2020 auf dem Hof von Biobauer Maaß zentrale Ziele Grüner Politik – für Werther und für Deutschland

„Wir wollen dich erhalten, du schöner grüner Wald! … Wir hüten dich fürs Klima durch GRÜNE Politik! Gelingt uns dieses prima, so ist es unser Glück …“ so erklang es zu Beginn der Wahlveranstaltung vierstimmig von den kürzlich neu gegründeten „GREENWOOD VOICES WERTHER“ – in freier, politisch akzentuierender  Fortsetzung eines alten Gedichts von Joseph von Eichendorff. Vorgetragen wurde der von Felix Mendelssohn Bartholdys komponierte Chorsatz von acht Sänger*innen, denen man ihre Chor-Erfahrung deutlich ansehen bzw. anhören konnte.

Britta Haßelmann – die lange Zeit in Bielefeld kommunalpolitisch aktiv war und inzwischen parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen Bundestagsfraktion ist – konnte nahtlos an diese Verse anknüpfen: „Wenn viele von uns gestern noch gedacht haben, Klimawandel: das spielt sich doch fern von uns, auf anderen Kontinenten ab, so sehen wir jetzt, wir sind mitten drin im Klimawandel, in Werther, auf dem Teutoburger Wald, auf den Hermannshöhen und am Wiehengebirge. Dem Wald geht es so schlecht wie nie!“

Am Thema Waldsterben sehe man deutlich, wie in komplexer Weise verschiedene, oft durch den Klimawandel angestoßene Phänomene zum Schaden der Umwelt zusammenwirken. Anhaltende Dürre setzt die Bäume unter Stress. Dieser Stress macht sie zur leichten Beute für Schädlinge wie den Borkenkäfer. Der kann deshalb so verheerende Schäden bewirken, weil er in den Fichten-Monokulturen reichlich Beute findet. Sind die Bäume erst einmal geschädigt, besorgen Stürme und Starkregenfälle den Rest. Zu besichtigen exemplarisch an den Hängen des Teutoburger Waldes oberhalb von Werther.

Daher sei es kurzsichtig, so Britta Haßelmann, wegen der Corona-Pandemie etwa vereinbarte Klima-Ziele zurückzustellen. Richtig hingegen sei es, für die Wirtschaft und für die Verbraucher ausgegebene Hilfen an Umwelt- und Klima-Auflagen zu knüpfen. Das zuletzt von Bund und Ländern beschlossene Kohle-Ausstiegs-Paket habe beispielsweise viel zu wenig ökologische Steuerungsfunktion. Selbst jetzt noch dürfe ein weiteres Kohlekraftwerk (in Datteln) neu an den Start gehen. Der in der Kommission gefundene Kompromiss sei nach Lobby-Arbeit von Kraftwerksbetreibern und Autoindustrie durch die Ministerpräsidenten im Nachhinein noch einmal verwässert worden. So könne man die Klimaziele keinesfalls erreichen. Eine Grüne Regierungsbeteiligung hätte hier zu deutlich entschiedeneren Maßnahmen geführt.

In mehreren Punkten kam Britta Haßelmann dann auf die Corona-Pandemie zu sprechen. Wie durch ein Brennglas werden durch Corona die Probleme unseres Landes sichtbar. Die prekären Arbeitsbedingungen vornehmlich osteuropäischer Arbeiter in der Fleisch-Industrie zum Beispiel seien ja lange vor dem Skandal um die Groß-Schlachterei Tönnies bekannt gewesen – aber niemand habe etwas dagegen tun wollen, um die Unternehmer nicht zu verprellen. Ein Verbot von Leiharbeit in der Fleischindustrie sei überfällig, damit Firmen wie Tönnies sich nicht mehr aus der Verantwortung stehlen können für miese Arbeitsbedingungen und heruntergekommene Unterkünfte bei allen, die dort arbeiten. In der anschließenden Diskussion wurde deutlich, dass ähnlich ausbeuterische Arbeitsbedingungen von nicht fest Angestellten auch in anderen Wirtschaftsbereichen herrschen, etwa bei den Paketzustelldiensten oder bei den Pflegemigrantinnen. Hier wollen die Grünen im Bund und in Europa dringend notwendige Änderungen erreichen.

Eine große Bevölkerungsgruppe, die durch die Pandemie besonders betroffen ist, seien die Familien, und hier besonders die Kinder und (wieder einmal…) die Frauen. Dass zu Beginn der Corona-Krise die Schulen geschlossen wurden, sei noch verständlich gewesen: Zu wenig habe man über die Ausbreitung gewusst, zu groß seien die Risiken von Verbreitung und Erkrankung gewesen. Dass aber nach dem Tönnies-Skandal als erstes wieder die Schulen im Kreis Gütersloh geschlossen wurden, sei unverständlich und ungerecht. Wie wichtig Schule und besonders der Präsenz-Unterricht für die Kinder sei, habe sich deutlich gezeigt. Lange Zeit habe niemand öffentlich gefragt, wer denn die von der Schule „befreiten“ Kinder zu Hause betreuen soll – jedem sei ja klar gewesen, wer dafür zuständig ist: die Frauen natürlich! Die aber haben heute meist auch einen Arbeitsplatz, an dem sie dann fehlen müssen. Hier zeige sich wieder einmal, dass es auch bei uns noch viel zu tun gibt, um Gleichberechtigung auch bei der Familienarbeit durchzusetzen.

Wenig Verständnis hatte Haßelmann für diejenigen, die die ganze Corona-Pandemie als eine Weltverschwörung oder als Frontalangriff auf die Grundrechte deuten, und die sich dabei nicht zu schade sind, gemeinsam mit Rechtsextremen, Neonazis oder Populisten zu demonstrieren. „Wir leben in Deutschland nicht in einer Corona-Diktatur oder in einem Polizeistaat, wie manche wohl meinen. Hier kann jeder gefahrlos gegen alles demonstrieren. Ein Blick über die Grenzen, zum Beispiel nach Belarus, zeigt, wie es wirklich in einem solchen Staat zugeht!“

Im zweiten Teil der Veranstaltung formulierte Thorsten Schmolke, wie er sich vor Ort grüne Politik vorstellt. Auf dem Hof von Bauer Maaß, einem der Bio-Landwirte in Werther, bot sich besonders das Thema Landwirtschaft an: „Produktion und Vermarktung von regional erzeugten, im Einklang mit der Umwelt hergestellten Lebensmitteln müssen unterstützt werden. Dafür müssen wir als Verbraucher bereit sein, einen fairen Preis zu bezahlen!“ Sicher seien viele Gesetze und Regeln dafür nur in Berlin oder gesamteuropäisch zu verändern. Aber auch dort setzen sich grüne Politiker*innen für diese Ziele ein.

Eines der Themen, die Thorsten Schmolke für Werther besonders am Herzen liegen, ist die Verkehrssituation. Für Radfahrer zum Beispiel werde viel zu wenig getan. Ein Radweg an der Engerstraße, wichtige Voraussetzung für mehr Radbenutzung bei Alltagswegen, fehle trotz der von allen Parteien erkannten Notwendigkeit noch immer. „Dem umweltfreundlichen Verkehrsmittel Fahrrad wird auf allen Ebenen viel zu wenig Beachtung geschenkt! Bei der für Verkehrsplanung zuständigen Behörde Straßen NRW zum Beispiel sind von 6.000 Mitarbeitern nur 12 für Fahrradwege zuständig – da sieht man deutlich die falschen Prioritäten!“

Ein weiteres Thema für Werther sei die Wasserwirtschaft. Dass dem Wasser im Zeichen des Klimawandels eine wachsende Bedeutung zukommt, sei keine neue Erkenntnis, aber auch hier hätten Verwaltung und Ratsmehrheit in der Vergangenheit zu wenig getan. Die Wasserleitungen sind großenteils sehr alt, das Trinkwasser ist stark kalkhaltig, was zu Ablagerungen und Schäden zum Beispiel an Haushaltsgeräten führt. Abwasserklärung und Hochwasserschutz müssen ausgebaut werden.

Natürlich wurde auch für das leibliche Wohl der Besucher*innen gesorgt: In der geräumigen Deele war ein Kuchenbüffet mit einer großen Auswahl von selbstgebackenen Köstlichkeiten sowie Kaffee und Kaltgetränken aufgebaut worden. Die Gäste griffen beherzt zu und ließen sich auch von zwei zwischenzeitlichen Regenschauern nicht sonderlich beeindrucken.

Neben dem zu Beginn erwähnten Gesang bot die Veranstaltung noch ein zweites kulturelles Highlight: Der junge Graffiti-Künstler Nils Neumeyer gestaltete „live“ – in Sichtweite der Gäste unter den Maaßschen Buchen, anfangs noch fast unbemerkt – ein großformatiges Poster, auf dem er der Hoffnung auf eine politische grüne Wende kreativen Ausdruck verlieh:

„WENN NICHT JETZT, WANN DANN?“

Sein eindringliches Kunstwerk schmückt bis auf Weiteres den Bauzaun des Weco-Areals in der Enger Straße; und das Video mit dem Gesang der GREENWOOD VOICES gegen das Waldsterben steht natürlich weiterhin auf unserer Homepage: https://gruene-werther.de/2020/08/05/greenwood-voices-werther-singen-gegen-waldsterben-und-fuer-klimaschutz/

HPK/HWH

Die GREENWOOD VOICES WERTHER in Aktion

 

Thorsten Schmolke erläutert Schwerpunkte Grüner Poliik für Werther

 

Aufmerksame Gäste schenken Britta Haßelmann Gehör

 

Grafitti-Künstler Nils Neumeyer in Aktion

 

 

Sichtlich zufrieden mir dem Ergebnis: Lousa Mittelberg, der Künstler, Thorsten Schmolke

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