Ein Beispiel für Bebauungsverdichtung: In der Kök werden derzeit sechs Reihenhäuser als Energie-Effizienzhäuser (Standard 55) auf einer Jahrzehnte alten Industriebrache errichtet, wo es früher einmal eine Tankstelle gab.

Denn ein größeres Werther gibt es nicht!

Was Flächenmanagement für eine Kommune bedeutet

Auf den ersten Blick klingt es wie eine Binsenweisheit: die vorhandene Fläche (einer Kommune) kann man nicht vergrößern, man muss mit ihr auskommen, und das muss sowohl für die Einwohner als auch für die Natur verträglich sein. Wenn man sich aber vergegenwärtigt, dass zum Beispiel in NRW jeden Tag (!) 10 Hektar (das sind 20 Fußballfelder) Naturfläche durch Bebauung verloren gehen, dass die Siedlungs- und Verkehrsfläche in unserem Bundesland bereits 23,5% beträgt, dann ist das gar nicht mehr so selbstverständlich. Schauen wir uns an, dass die bebaute Fläche in Werther sich von 1979 bis 2014 fast verdoppelt hat,1) schaut man, an welchen Stellen in Werther und in den Nachbargemeinden überall Wohngebiete entstanden sind, wo noch vor 20 Jahren Feld und Wald waren, dann kann einem schon etwas Angst werden um Werthers naturnahe Umgebung!

Die Gründe für den Flächenfraß sind vielfältig. Einige sind verständlich und nachvollziehbar, andere unnötig oder vermeidbar. Früher wohnten große Familien in kleinen Wohnungen – das wollen wir heute nicht mehr. Die Mobilität ist gestiegen – dafür braucht es mehr Straßen. Aber: während man früher Gemüse im eigenen Garten anbaute, kaufen wir das heute im Supermarkt – also könnte die Bebauung verdichtet werden. Oft wohnen ältere Menschen allein in großen Wohnungen oder Häusern, die für Familien geschaffen waren. Industrieflächen stehen nach Betriebsschließungen leer – nach Sanierung könnten hier neue Bauplätze entstehen. Es ist aber billiger, diese Flächen nicht zu nutzen, sondern neue „auf der grünen Wiese“ zu erschließen. Und schließlich: das Auto benötigt viel Fläche; für Straßen, Parkplätze, Garagen. Fußgänger, Fahrradfahrer und der öffentliche Nahverkehr brauchen weniger Platz.

Es liegt auf der Hand, dass ein sparsamer, naturverträglicher Umgang mit der Fläche nicht von allein kommt, dass man nicht alles „dem Markt überlassen“ darf, sondern dass es Regeln, Anreize und manchmal auch Verbote braucht, um das zu erreichen. Und genau hier setzt das kommunale Flächenmanagement ein.

Die Grünen in Werther haben dieses Problem erkannt und dem Stadtrat schon 2010 ein Konzept für ein gutes kommunales Flächenmanagement vorgelegt. Es sieht u.a. die Minimierung des Flächenverbrauchs, die Verdichtung der Bebauung im Stadtkernbereich, die Schließung von Baulücken und den Schutz landwirtschaftlich genutzter Böden vor. Das Konzept wurde von allen Fraktionen angenommen. Leider blieb es aber ein Konzept, fast nichts davon wurde umgesetzt. Denn: dann kamen der Blotenberg und die Rodderheide.

Seit 2014 setzten die Bürgermeisterin Weike, die Verwaltung und die Parteien SPD, UWG und FDP ihre ganze Energie darein, entgegen den ausdrücklichen Zielen des gerade beschlossenen Konzeptes neue Flächen für Gewerbeansiedlung (Rodderheide) und für Wohnbebauung (Blotenberg) der Natur zu entreißen und als neue Baugebiete auszuweisen. Die Grünen stimmten (teilweise zusammen mit der CDU) dagegen, konnten sich aber nicht durchsetzen. Einwendungen und Bedenken wurden ignoriert. Die Verwaltung setzte viel Zeit und Energie ein, um die Projekte zu beschleunigen und voranzubringen. In ungezählten Rats- und Ausschusssitzungen wurde überlegt und diskutiert, was alles zu tun und zu genehmigen ist. So hatte man, selbst wenn man gewollt hätte, nicht mehr die Kapazitäten, die sinnvollen Ideen des Flächenmanagement-Konzeptes umzusetzen. Es blieben bisher u.a. auf der Strecke:

  • Förderung von Altbau-Sanierungen und ‑Umnutzungen, z.B. durch eine Immobilienbörse „Jung kauft Alt“.
  • Öffentlichkeitsarbeit für die Notwendigkeit der Bebauungsverdichtung im Kernbereich.
  • Verstärkung der Anstrengungen, Industriebrachen (WeCo) zu erwerben und sanieren.
  • Prüfung, welche schon versiegelten Flächen (Straßen, Plätze, Dächer) wieder entsiegelt oder begrünt werden können.
  • Information bei anderen Kommunen, die ähnliche Konzepte bereits durchführen, um Ideen und „Know-how“ zu bekommen.

Die Grünen in Werther meinen: Diese Ideen sind nach wie vor gut und richtig. Die Kommunalwahl verschafft uns die Möglichkeit, einen neuen Anfang zu machen. Vielleicht mit neuen Mehrheiten, einem neuen Bürgermeister. Die Grünen wollen nicht alte Grabenkämpfe neu auflegen. Ob man einmal gefasste Beschlüsse im Lichte neuer Erkenntnisse rückgängig machen kann, müssen die Zeit und das Wahlergebnis zeigen. Aber: keinesfalls sollte, wie jetzt schon von anderen Fraktionen gefordert, gleich das nächste Baugebiet (Süthfeld II) geplant werden! So würde der Flächenfraß in Werther in die nächste Runde gehen.

Denn, so banal es auch klingt: Wir können Werthers Fläche nicht vermehren – ein größeres Werther gibt es nicht!

Heinz-Peter Kuhlmann

 

1) 1979 betrug die bebaute Fläche in Werther 157 Hektar, 2014 bereits 260 Hektar, und das bei etwa gleichbleibender Bevölkerungszahl!

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