Noch viel Luft nach oben…

Werther und die Fahrräder

Von Heinz-Peter Kuhlmann

 

Seit 60 Jahren (… mit Unterbrechungen) bin ich in Werther mit dem Fahrrad unterwegs. Waren es früher Schulwege, Fahrten zu Freunden oder zum Sport, sind es heute morgendliche Fahrten zum Brötchenholen, tagsüber zum Einkaufen, zu Veranstaltungen, gerne auch gelegentlich in die grüne Umgebung Werthers zum Erholen oder um fit zu bleiben. Und leider muss ich sagen: die Schwierigkeiten, die man hier hat, wenn man Wege bewusst mit dem Fahrrad statt mit dem Auto  zurücklegen will, haben sich kaum verringert. Einiges ist wegen des gestiegenen motorisierten Verkehrsaufkommens sogar noch schwieriger geworden. Manchmal hat man geradezu den Eindruck, das Fahrrad spiele in der kommunalen Verkehrsplanung noch immer keine Rolle. Einige Beispiele:

Zum Brötchenholen oder Einkaufen fahre ich die Ravensberger Straße entlang. Eigentlich ein kurzer Weg, auf dem es, weil verkehrsberuhigte 20 km/h Zone, ruhig und gelassen zugehen sollte. Leider ist oft das Gegenteil der Fall. Ständig kommen mir Autos entgegen, oder sie überholen mich – viele benutzen die Innenstadt offenbar als „Abkürzung“ im Durchgangsverkehr. An die Geschwindigkeitsbegrenzung hält sich kaum die Hälfte der Autofahrer. Die Verengungen durch die Baumbepflanzungen sollen den Verkehr verlangsamen. Viele motorisierte Verkehrsteilnehmer meinen aber, schnell noch „hindurchhuschen“ zu müssen, auch wenn ihnen gerade ein Fahrrad entgegenkommt, was manchmal zu gefährlichen Situationen führt. Oft muss ich abrupt bremsen oder absteigen, um auszuweichen. Zudem ist der in die Jahre gekommene Pflasterbelag so „rumpelig“, dass das Fahren auf diesen Abschnitten kein Vergnügen ist. Auf der Engerstrasse ist die Situation eine andere, aber keine bessere. Die Seitenstreifen sind oft mit Autos zugeparkt, einen markierten und sicheren Fahrradweg gibt es nicht, so dass der Radler oft Slalom fahren muss.

Möchte man für eine weitere Strecke, zum Beispiel nach Halle oder Bielefeld, das Fahrrad benutzen und sich umweltfreundlich verhalten, dann hat man fast den Eindruck, das sei in Werther eigentlich nicht erwünscht. Einen Fahrradweg an der Bielefelder Straße sucht man auf Wertheraner Gebiet vergeblich. Warum es bisher unterblieben ist, den ab Dornberg guten Radweg bis Werther zu verlängern, erschließt sich mir nicht. Für Radler, die etwas mehr Zeit haben, wäre die kaum befahrene Strecke über den Schwarzen Weg eine Alternative. Hier wiederum fehlen Schilder, die darauf hinweisen, dass man hier gemütlicher und ohne viel Autoverkehr bis (fast) Großdornberg kommt. Überhaupt, die Beschilderung. Zu wenig, kaum gepflegt, oft ungenau oder irreführend.

Zu begrüßen ist, dass – mit langer Verzögerung – endlich ein Radweg neben der Osningstraße nach Halle gebaut worden ist. Leider ist diese Strecke sehr steil und daher für die weniger Sportlichen eine Herausforderung. Eine Alternative an der Haller Straße wiederum fehlt, die Absicht, es trotzdem mit dem Fahrrad zu versuchen, hat ein gewisses Suicidpotenzial! Und dann gibt es ja noch die nicht ganz so Durchtrainierten, die vielleicht in Halle oder Bielefeld mit dem Rad etwas erledigen wollen, aber nicht beide Strecken zurückstrampeln. Denen könnte man mit günstigen Fahrradtickets im Bus helfen. In Werther leider Fehlanzeige.

Viel Verbesserungspotenzial gibt es auch für diejenigen, die von auswärts in und um Werther eine kleine Fahrradtour machen möchten. Ein paar Besichtigungsziele gibt es ja durchaus: sei es das neue Böckstiegel-Museum, die Wassermühle in Deppendorf, Haus Brincke in Borgholzhausen, oder einfach nur rund um Werther und zum Abschluss in die Eisdiele oder ins Café Bossert – beides inzwischen unter Gourmets ein Geheimtipp. Hier könnte man mit ein paar Flyern, die ausgelegt und ins Internet gestellt werden, gezielt Werbung machen, Infos geben und damit den Tages- und Wochenend-Tourismus fördern. Voraussetzung wäre, ruhige Wege und Straßen dafür zu finden, kleine Pläne zu erstellen und die Strecken gut zu kennzeichnen. Könnte, müsste, sollte – gibt es aber alles nicht. Und dabei wäre es nicht so schwer und würde nicht viel kosten.

Wir Grüne möchten uns im Rat, beim Kreis und im Land dafür einsetzen, dass sich das ändert. Dass das Fahrrad endlich als das erkannt wird, was es schon lange ist: eine gesunde und sinnvolle Alternative, manchmal Ergänzung, zum viel umweltschädlicheren Autoverkehr. Denn den Autos hat man jahrzehntelang eine völlige Priorität bei der Verkehrsplanung eingeräumt, das muss nun ein Ende haben! Sinnvolle Forderungen und Initiativen im Rat der Stadt Werther wären zum Beispiel:

  • Die Verwaltung wird beauftragt, einen Bericht zur Lage der Fahrradfahrer in Werther zu erstellen, unter Mitwirkung des ADFC und interessierter fahrradfahrender Bürger. Hier sollen Schwachpunkte und Gefährdungen benannt, Ziele bestimmt werden.
  • Die Stadt verpflichtet sich, in jedem Haushalt Mittel für ein Radweg-Projekt in einer bestimmten Größenordnung bereitzustellen.
  • Die Stadt wirkt bei ortsansässigen Unternehmen darauf hin, gezielt den Berufsverkehr mit dem Fahrrad zu fördern und überlegt sich zusammen mit diesen dazu passende Anreize.
  • Zusammen mit den Schulen wird überlegt, welche Verbesserungen für häufig benutzte Schulwege mit dem Fahrrad möglich sind.
  • Eine Arbeitsgruppe aus Mitarbeitern der Verwaltung und des Rats wird gebildet, die Flyer für zunächst drei Radtouren in und um Werther erstellt.

Die grünen Ratsmitglieder werden sich dafür einsetzen, dass diese Ideen angepackt und im Rat diskutiert werden. Ein fahrradfreundliches Werther – das sollte wirklich kein Traum bleiben!

Verwandte Artikel